Die Landwirtschaftliche Arbeitsgemeinschaft
Mit der Übernahme des Buschberghofes durch die
Gemeinnützige Landbauforschungsgesellschaft war das Eigentum an Grund
und Boden, an Gebäuden und Maschinen sowie der Herde neutralisiert worden,
anders formuliert, es war frei geworden von den Interessen einzelner. Ein großes
Problem bestand aber weiterhin. Die Landwirte, die den Hof bewirtschafteten,
waren nach wie vor gezwungen, ihre Erzeugnisse auf dem Markt abzusetzen. Sie
mussten sich ihren Lebensunterhalt durch Verkäufe verdienen, und die Landwirtschaft
musste sich weiterhin nach den Erfordernissen des Marktes richten. Aber gerade
diese Marktkräfte treiben die Landwirtschaft in Situationen, die sie oft
als Verursacher von Umweltschäden wirken läßt. Ob Robbentod,
Nitratverseuchung des Grundwassers oder gar Waldsterben, es kann durch die Konzentrierung
in der Massenproduktion automatisch zu Umweltbelastungen kommen.
Auch der Öko-Bauer muss normalerweise Landwirtschaft nach den Erfordernissen
des Marktes betreiben. Allerdings sieht sein Markt und sein Vermarktungskonzept
etwas anders aus, aber die zugrundeliegenden Prinzipien sind dieselben.
Neutralisierung des Eigentums an Grund und Boden ist also nur eine von vielen
Bedingungen, die es möglich machen, eine ökologisch verträgliche
Landwirtschaft zu betreiben. Das Dilemma der Vermarktung unter dem Zwang, Geld
zu verdienen, bleibt aber nach wie vor bestehen. Auch heute gibt es wirtschaftlich
erfolgreiche Öko-Bauern und andere, die auf den durch Neutralisierung befreiten
Böden verhungern. Selbst Kredite bekommen sie nun nicht mehr, da sie den
Banken keine Sicherheiten mehr bieten können.
Nachdem Carl-August Loss bereits 1954 den Buschberghof auf biologisch-dynamische
Wirtschaftsweise umgestellt hatte, bestand der folgende Konflikt: Es sollte
eine in sich geschlossene Hofindividualität entwickelt und gleichzeitig
die Produkte auf dem Markt verkauft werden.
In dieser Situation entstand eine Idee: Ein Kreis von Menschen außerhalb
des Hofes sollte sich für die besonderen Probleme auf dem Buschberghof
interessieren. Im Prospekt Landwirtschaft geht jeden an! heißt
es: Der Buschberghof steht betrieblich und menschlich-sozial in ständigem
Wandel und vor neuen Aufgaben. In zehnjähriger Zusammenarbeit mit Freunden
und Kunden hat er sich einen großen Umkreis geschaffen. Ein solcher Kreis,
der zahlenmäßig etwa der Zahl von Menschen entspricht, die in der
Hauptsache aus der Produktion des Hofes ihrer Nahrungsmittel beziehen, könnte
enger mit dem Hof verbunden werden. Die den Hof bewirtschaftenden Menschen möchten
sich und den Buschberghof für die Zusammenarbeit mit diesen Menschen öffnen.
Unter Mitwirkung und mit Billigung des Eigentums- und Ideenträgers Landbauforschungsgesellschaft
Fuhlenhagen soll eine aus der Hofgemeinschaft und aus den Menschen, die
ihr Recht und ihre Verantwortung am Boden wirksam werden lassen wollen, hervorgehendeLandwirtschaftliche
Arbeitsgemeinschaft Fuhlenhagen entstehen, die durch Vorfinanzierung der
Betriebs- und Lebenshaltungskosten, tätige Mithilfe im Betrieb, Beratung
der Hofgemeinschaft und sonstige Mithilfe es ermöglicht, dass gesunde Landwirtschaft
ohne Einfluß von Kapitalinteressen betrieben werden kann.
Das Ziel, gesunde Landwirtschaft ohne Einfluß von Kapitalinteressen zu
betreiben, ist hier klar formuliert. Und weiterhin ist erkannt, dass nicht Bauern
allein, sondern alle Menschen, die ihr Recht und ihre Verantwortung am Boden
wahrnehmen wollen, hierfür sorgen müssen. Es liegt dabei die Annahme
zugrunde, dass eine Landwirtschaft ungesund ist, die sich nur an Kapitalinteressen
orientiert, ohne das Engagement von Menschen, die sonst stets nur Rechte von
der Erde fordern, ihre Pflichten aber vergessen. Auch diese Erkenntnis findet
sich heute in Hinblick auf unsere Wirtschafts- und Gesellschaftsformen allgemein
bestätigt.
Weiterhin heiß es im Prospekt: Ziel dieser Gemeinschaft soll es
sein, durch das Zusammenwirken von freien Menschen auf eigenem Boden eine ausreichende
Menge Nahrung bester Qualität bei sinkenden Betriebskosten entstehen zu
lassen.
Unter solchen sozialen und rechtlichen Bedingungen sollen die Menschen um den
Buschberghof die folgenden Aufgaben, die sich nur eine größere Gemeinschaft
stellen kann, bewältigen:
- Stärkere Einbeziehung der konkreten Landschaftspflege in die Arbeit des
Hofes: Waldbau, Heckenbau, Teichbau, Vogelschutz.
- Aufbau einer Obstanlage, eines dem Hof fehlenden wichtigen Gliedes.
- Förderung der Landbauforschung auf den Gebieten der Boden- und Humuspflege.
- Weiterentwicklung des Gemüseanbaus, eventuell durch den Bau eines Glas-
oder Folienhauses.
- Einbeziehung der Saatgutpflege in die Arbeit.
- Schaffung und Erhaltung der baulichen Voraussetzung dafür, dass ältere
Mitarbeiter weiter sinnvoll mitwirken können und jüngere gleichzeitig
ihren Platz finden.
Die tätige Mithilfe im Betrieb, Beratung der Hofgemeinschaft und sonstige
Mithilfe, die im Prospekt von den den Hof umgebenden Menschen verlangt wurde,
konnte in dem Kreis der bisherigen Hofkunden gefunden werden. 1981 wurde nach
mehr als 10jähriger Zusammenarbeit mit Freunden und Kunden des Hofes die
Landwirtschaftliche Arbeitsgemeinschaft (LAG) gegründet, In der Absicht,
interessierten, bewußt erdverbunden lebenden Menschen die Möglichkeit
zu bieten, persönlich und ganz konkret ortsbezogen ihre Mitverantwortlichkeit
für das Land, von dem sie sich ernähren, Wirklichkeit werden zu lassen.
(Dobert, 1995).
Auch die Vorfinanzierung der Betriebs- und Lebenshaltungskosten konnte, wie
beabsichtigt, mit einem Kreis von Menschen in der Landwirtschaftlichen
Arbeitsgemeinschaft Buschberghof realisiert werden. Es wurden Vereinbarungen
über die Zusammenarbeit getroffen, die im Anhang im Wortlaut abgedruckt
sind. In der Blütezeit der Landwirtschaftlichen Arbeitsgemeinschaft gab
es bis zu 60 Mitglieder, die durch Zeichnung eines Genossenschaftsanteils bei
der GLS-Gemeinschaftsbank
in Bochum und durch eine Kreditbürgschaft den Landwirten die Kreditwürdigkeit
verschafften, die sie ohne Sicherheiten, Grund und Boden, bei den konventionellen
Banken nicht bekommen konnten.
Hier war durch die Bildung der Arbeitsgemeinschaft plötzlich etwas Neues
entstanden. Wirtschaftliche Existenz wurde nicht mehr durch materielle Güter,
sondern durch einen Kreis von Menschen abgesichert, nicht die Notwendigkeit
von materiellem Besitz war erforderlich, sondern ein Geflecht von menschlichen
Beziehungen.
Die Mitglieder bezeichnen sich als Landwirte. Das ist nicht als Berufsbezeichnung,
sondern im Sinne der alle verbindenden Grundidee zu verstehen: Jedem Menschen
steht durch seine Geburt mit seinem Lebensrecht auch das Grundrecht
auf ein Stück Land zu, von dem er sich ernähren kann. Dieses Grundrecht
ist andererseits verbunden mit der Grundpflicht, seine eigene Lebensgrundlage
auf dieser Erde so zu erhalten, sie weiter zu kultivieren, damit auch die nachfolgenden
Generationen ihr Leben menschenwürdig gestalten können. Im Sinne dieser
bäuerlichen Ethik verstehen sich die Mitglieder der LAG Buschberghof als
Landwirte. (Dobert, 1995).
Literatur:
Dobert, W., 1995: Die Landwirtschaftliche Arbeitsgemeinschaft - Warum -
Wozu- und Wie? Informationsblatt.
Landwirtschaft geht jeden an! Beispiel 8: Der Buschberghof, ca. 1978, hrsg.
von der Agentur für geisteswissenschaftliche Arbeit, Bochum