Die Selbstversorgergemeinschaft
wird konzipiert
Die dem Buschberghof als einem Hof der Zukunft
(s. Trauger Groh, Höfe der Zukunft) vorgegebenen Ziele, nämlich Vielfalt,
Harmonie, Geschlossenheit, konnten durch die Vermarktung der Produkte nur bedingt
realisiert werden, man musste sich bei der Produktion auf einen Markt verlassen,
der diese Produkte aufnahm. Wieviel einfacher wäre es jedoch, wenn man
sich aus dieser Marktabhängigkeit befreien könnte! Heiloh Loss schilderte
die Situation aus ihrer Sicht folgendermaßen:
Im Jahre 1987 bahnte sich am Hof ein Generationswechsel an. Mein Mann
und ich wurden Altenteiler. Unsere Nachfolger hatten weder Zeit noch Lust, den
hektischen Ladenverkauf und die Verkaufsfahrt und den ärger mit den Behörden
auf sich zu nehmen. Da half uns eine Idee, die unser ehemaliger Partner Trauger
Groh in Amerika praktizierte. Es handelte sich um die Idee der Community
Supported Farm, d.h. um einen Bauernhof, der von einer Menschengemeinschaft
getragen wird, nicht nur finanziell sondern auch ideell. In der Praxis sieht
das so aus. Die bäuerlichen Betriebsleiter errechnen auf Grund langjähriger
Erfahrungen das Budget für das folgende Wirtschaftsjahr, d.h. was an finanziellen
Mitteln notwendig sein wird, um über das Jahr zu kommen. Die Menschen,
die von den Produkten des Hofes leben wollen, müssen bereit sein, diesen
Etat zu decken. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie das zu machen ist.
Die Betriebsleiter können ganz einfach die Budgetsumme durch die Anzahl
der interessierten Menschen dividieren und so einen Pro-Kopf-Betrag festlegen,
der dann in monatlichen Raten oder auch einmal jährlich gezahlt werden
kann. Man kann auch der Meinung sein, dass Kinder, da sie kein Einkommen haben,
nichts bezahlen sollten, dann handelt es sich um einen Pro-Familien-Betrag.
Bei Trauger Groh wird das Budget versteigert, d.h. bei der jährlichen
Finanzbesprechung muss von jeder interessierten Familie ein Mitglied zugegen
sein und ein Gebot abgeben. Wird beim ersten Durchgang das Budget nicht abgedeckt,
geht die Sitzung weiter. Die Menschen, die auf eine solche Weise einen Hof finanzieren,
bekommen dann das ganze Jahr über alle dort produzierten Lebensmittel umsonst,
sie müssen sie nur abholen. Es liegt auf der Hand, dass sich Menschen,
wenn sie sich in dieser Art an einen Hof binden, auch für das Hofgeschehen
interessieren, für die Menschen und alles, was dort geschieht. Für
uns stellte sich zunächst die Frage, ob es Menschen gäbe, die mit
dem Hof zusammen eine solche Wirtschaftsgemeinschaft gründen wollen.
(Heiloh Loss, a.a.O.)
Die Idee war also längst geboren und wurde bereits in Amerika praktiziert.
Für sie mussten nur noch Menschen gefunden werden, die bereit waren, mit
dem Buschberghof eine solche Verbindung einzugehen. In der Zeit des Werbens
um die Idee und die Menschen entstand der Buschberghof-Bote, eine
Zeitung, die von Hofkunden und den Landwirten gemacht wurde. Hier schrieben
Christina Groh und Wolfgang Stränz (gekürzt):
Wir können alle auf Jahre des Ringens um die gemeinsamen Ziele zurückblicken,
auf die Bewältigung der aus ihnen entspringenden Aufgaben und auch auf
eine umfangreiche soziale Geschichte, im Bemühen, eine neue Gemeinschaftsform
zu finden.
Bei der Gründung der Landwirtschaftlichen Arbeitsgemeinschaft
Buschberghof wurde gewagt, einer solchen Zahl Menschen eine Lebensgrundlage
zu verschaffen, wie Boden zur Verfügung stand. Diese Menschen sollten sich
alle als Landwirte verstehen, die in freier Verantwortung den Boden bewirtschafteten.
Sie sollten, falls sie selbst nicht in der Landwirtschaft tätig waren,
dem Landwirt, der für sie treuhänderisch den Boden bearbeitete, die
wirtschaftlichen Folgen seines Tuns abnehmen, sowohl Produkte, als auch finanzielle
Forderungen. Dieser Ansatz, Landwirtschaft zu betreiben, war zukunftsweisend.
Man muss sich fragen, warum es nie gelang, eine genügend große Zahl
an Menschen zu finden, die den Buschberghof so, wie beschrieben, als Lebensgrundlage
annahm. Ein Grund könnte sein, dass vereinbart war, alle erzeugten Produkte
einem Händler zu überlassen, der sie zu verkaufen hatte, und jeder
Landwirt des Buschberghofes, ob tätiger oder nicht, hatte seine Lebensmittel
dort (oder bei einem anderem Händler) zu kaufen. So konnten die Lebensmittel
wertmäßig bemessen werden, aber die unmittelbare Beziehung zu ihnen
ging damit verloren. Jetzt spielte es für den Verbraucher auch keine Rolle
mehr, welchen Demeter-Bauern er nun bevorzugte, für gleiches Geld bekam
er gleichwertige Ware.
Es bewirtschaftet nun bereits die zweite Generation den Hof, die sich ebenso
dessen Aufgaben und Ideen verpflichtet fühlt, wie die Gründer, und
sich immer stärker mit ihnen verbindet. Praktisch äußert sich
dieses beispielsweise im Bemühen um eine Erhöhung der Milchqualität.
So existiert seit 18 Monaten eine Angler Kuhherde auf dem Hof, eine Käserei
entstand, und die Heutrocknung wird in diesem Sommer weiterentwickelt.
Immer stärker wird auch das Mißverhältnis empfunden, das sich
im Laufe der Zeit zwischen Anspruch und Wirklichkeit eingestellt, die Arbeit
des Hofes in den ursprünglich geplanten größeren sozialen Rahmen
zu stellen. Hieraus entstand die Idee, eine Selbstversorgergemeinschaft mit
den Kunden, Freunden und mit neuen Interessenten zu begründen. In dieser
Selbstversorgergemeinschaft wird die Arbeitsteilung von Landbau, Handel und
Verbrauch aufgehoben und jeder Teilnehmer ist gleichzeitig Landwirt, Händler
und Verbraucher. Der Buschberghof, mit seinen ca. 75 ha landwirtschaftlicher
Nutzfläche, kann, wie bei der bisherigen Landwirtschaftlichen Arbeitsgemeinschaft,
Lebensgrundlage für etwa 300 Menschen sein. Natürlich möchten
nicht alle 300 Menschen in der Landwirtschaft aktiv tätig sein, viele von
ihnen möchten weiterhin anderen Berufen nachgehen, so dass die auf dem
Hof zu leistende Arbeit denjenigen übertragen wird, die dieses möchten.
Die Kosten der Landwirtschaft werden jedoch von allen getragen, die Früchte
fließen allen zu.
Es wird nicht mehr nach dem Prinzip Ware gegen Geld produziert. Die Risiken
des Landwirts, Mißernten nachfinanzieren zu müssen, Überproduktion
an die Schweine zu verfüttern, den gedachten Erlös für verdorbene
Waren aus dem Verkauf von unverdorbenen zu erzielen, auf Verdacht für einen
anonymen Markt bzw. Abnehmerkreis produzieren zu müssen, alle diese Unwägbarkeiten
werden nun auf viele Schultern verteilt sein. Die Landwirtschaft kann jetzt
kostendeckend arbeiten, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die Teilnehmer
finanzieren die Kosten der Produktion ihrer Lebensmittel, d. h. ihrer Landwirtschaft,
für ein Wirtschaftsjahr vor. Sie bezahlen nicht mehr die Ware nach Erhalt,
sondern ihnen fließt ihr finanzieller Einsatz in Form von Lebensmitteln
zurück. Alle Teilnehmer erzeugen, erstehen und verbrauchen jetzt ihre Lebensmittel,
die zudem von hoher Qualität sind, zum echten Selbstkostenpreis. Auf diese
Weise entwickelt der bisherige Nur-Landwirt einen Bezug zu seinen bisherigen
Nur-Abnehmern und diese entwickeln eine Beziehung zu dem Hof und zu dem Land,
die ihnen als Lebensgrundlage dienen. Alle wissen, auf welche Weise hier Lebensmittel
entstehen. Auf eine Weise, die nicht die Erde ausbeutet, sondern sie pflegt
und schützt.
Auf diese Weise werden die damaligen wie heutigen Ziele des Buschberghofes verwirklicht:
- Biologisch-dynamische Wirtschaftsweise auf dem Buschberghof
- Die gemeinschaftliche Bewältigung der Arbeit in der Landwirtschaft.
- Die Möglichkeit, für kranke Menschen einen Lebens- und Arbeitsplatz
in der Gemeinschaft und dadurch einen sozialen Halt für sie zu finden.
- Einen größeren Kreis von Menschen mit dem Hof zu verbinden, als
Kristallisationspunkt eines größeren sozialen Umfeldes.
Und Ralph Ahlenstorf schreibt in derselben Ausgabe:
Selbstversorgergemeinschaft Buschberghof
Das Betreiben der Landwirtschaft ist eine ursprüngliche und umfassende
Tätigkeit des Menschen. Während auf der ersten Stufe noch beinahe
jeder Mensch seine Nahrung selbst der Natur abrang, versorgt in Mitteleuropa
heute ein Landwirt ca. 100 Mitmenschen, die in der arbeitsteiligen Welt immer
mehr Dienstleistungsaufgaben wahrnehmen Dennoch ist die landwirtschaftliche
Urproduktion immer noch eine individuelle und doch unteilbare Aufgabe
jedes Menschen.
Die Grundlage jedes menschlichen Lebens ist das Zusammenwirken von Mensch und
Natur, um Lebensmittel zu erhalten, die unserer Entwicklung als geistig-seelischem
Wesen dienen. Dabei sind es überall auf der Welt die dem menschlichen Ich
entstammenden Kräfte, die den Impuls zur Bebauung und Nutzung der Erde
vermitteln. Um diesen Impuls einem gemeinsamen Ziel zu unterstellen, denn die
Verantwortung gegenüber dieser Erde ist unteilbar, wie wir heute immer
mehr erfahren, gibt es immer wieder Ansätze zu Gemeinschaftsbildungen.
Ein erster großer Schritt wurde in Fuhlenhagen auf dem Buschberghof getan
mit der Begründung der Landwirtschaftlichen Arbeitsgemeinschaft. Sie ist
aus der Idee entstanden, dass jeder Mensch Verantwortung trägt für
die Gestalt seiner Umwelt, für die Existenz einer bäuerlichen Landwirtschaft
und auch aus der Überzeugung, dass das Betreiben eines Hofes nach geisteswissenschaftlichen
Grundlagen auf verfeinerten Methoden der Düngung, Pflanzen- und Tierzucht
beruht und die Landwirte befreit sein sollen von wirtschaftlichen Zwängen.
So haben sich Menschen gefunden, um diesem Hof eine Bürgschaft als Sicherheit
zu geben.
Nun wollen wir einen weiteren Schritt wagen. Wir möchten ganz bewußt
formulieren, dass der Buschberghof offensteht für eine bestimmte Anzahl
von Menschen, die sich zusammenschließen in dem Ziel, diesen Hof mit seinen
84 ha Erde als ihre Lebensgrundlage zu gestalten. Das heißt,
auch die sozialen Belange, die menschlichen Interaktionen in den Blickpunkt
unserer Bemühungen zu stellen.
Zweck dieser Gemeinschaft soll die Selbstversorgung zum Selbstkostenpreis sein
und sie übernimmt die Verteilung der Erzeugnisse. Daher wird sie den Namen
Selbstversorgergemeinschaft Buschberghof führen. Während
die Landwirtschaftliche Arbeitsgemeinschaft die rechtliche Seite des Hofes erfüllt
(soziale Ordnung), kann die Selbstversorgergemeinschaft das wirtschaftliche
Standbein werden. Dies soll gemeinschaftlich bewältigt werden, ebenso die
Verteilung der Lebensmittel entsprechend den individuellen Bedürfnissen.
Jeder Mensch bleibt frei in seinen Entscheidungen und ist keinerlei Rechenschaft
schuldig. Das Prinzip kann aber einzig sein, den Nächsten in seinem Bewußtsein
zu tragen und das eigene Handeln danach auszurichten. Dies berücksichtigt
die persönliche Freiheit genauso wie die der Gesamtheit und kann uns die
Möglichkeit für einen christlichen Weg geben.
Die Johanni-Ausgabe des Buschberghof-Boten war die erste Ausgabe
dieser Zeitung, die etwa zweimal pro Jahr erschien. Vorangegangen war eine Nullnummer.
Die Gedanken, die in den vorstehenden Auszügen formuliert waren, waren
aber bereits Ergebnisse von Vorgesprächen, zu denen erstmals zum 30.11.1987
eingeladen wurde.
Quellen:
Ahlenstorf, Ralph, Buschberghof-Bote Nr. 1, Johanni 1988
Groh, Christina und Stränz, Wolfgang, 20 Jahre Buschberghof, Buschberghof-Bote
Nr. 1, Johanni 1988
Loss, Heiloh, Vermarktung am Beispiel Fuhlenhagen, in: Rudolf Steiners Landwirtschaftlicher
Impuls, 40 Jahre Bäuerliche Gesellschaft, Amelinghausen, 1993
Einladung zu den Vorgesprächen zur Gründung der Selbstversorgergemeinschaft